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Die unterschätzte Macht des Wassers: Karl’s Fehler im Haus

„Meine Mama konnte sich gerade noch aufs Kuchlkastl retten. Aber ihr Lebensgefährte, der Karl, ist nicht mehr aus dem Wasser aufgetaucht. Karl hat die Macht des Wassers im Haus leider unterschätzt“, schildert Martin Eichinger, der erschütterte Sohn der Frau, beim Lokalaugenschein der „Krone“.

Fast hilflos wirken seine Aufräumarbeiten der Habseligkeiten im Hof des alten denkmalgeschützten Bauernhauses in Untergrafendorf, einem kleinen beschaulichen Weiler in Niederösterreich. Denn zu viele Erinnerungen sind im Hochwasser untergegangen. In den kommenden Stunden steht dem 51-Jährigen eine herzzerreißende Aufgabe bevor: Er muss aus der überschwemmten Wohnung ein noch nicht durchnässtes Foto des Verstorbenen für den Bestatter bergen.

Ehepaar Margarete und Franz M. kann den Tod des beliebten Höbersdorfer Leo B. nicht fassen. Die Mühlenbesitzerin Gabriele Plattner beklagt einen Millionenschaden. Der Arzt Dr. Faulenbach ist seit Sonntag eingeschlossen.

Opfer galt zunächst als vermisst
Zunächst war das Opfer – es hat keine eigenen Kinder –, das die Jahrhundertflut in der Nacht auf Sonntag überrascht hatte, als vermisst gemeldet worden. Dann wurde die Leiche des qualvoll Ertrunkenen in einem Abstellraum entdeckt.

Tiefe Trauer herrscht auch in Höbersdorf bei Korneuburg. Leo B. (80) ist in seinem vom Hochwasser gefluteten Haus ertrunken. „Der Leo war ein ganz ein Lieber. Seine große Leidenschaft galt der Fotografie“, erinnert sich das geschockte Ehepaar Margarete und Franz M. aus der Nachbarschaft. Der Witwer war technischer Zeichner beim Bundesheer in Wien. In der Pension hat er sich den Traum vom Leben im Grünen erfüllt. Bis ihn die Flut aus dem Leben riss. Feuerwehrleute hatten ihn am Montagmorgen entdeckt – ertrunken im Haus.

„Machtlos gegen die Naturgewalten“
Indes steht in Schildberg Mühlenbesitzerin Gabriele Plattner vor den Trümmern ihrer Existenz. „Wir haben alles denkbar Mögliche getan, um unseren Familienbetrieb vor den Wassermassen zu retten. Doch dann ist die Perschling über die Ufer getreten, und wir waren trotz aller Abwehrmaßnahmen machtlos gegen die Naturgewalten“, schildert die tapfere Geschäftsfrau, der dann im Büro, das eigentlich keines mehr ist, weil der Schlamm fast bis an die Decke reicht, doch Tränen in die Augen steigen. „Wir müssen einen Millionenschaden verkraften, bei dem wir nicht sicher sind, wie viel die Versicherung übernehmen wird.“

Wir sind mit acht Feuerwehren und einem Katastrophenhilfsdienst-Zug aus Kärnten in Höbersdorf im Einsatz und pumpen das Wasser aus den Kellern.

Ähnlich verzweifelt ist – wie Hunderte andere Betroffene der Sintflut – TCM-Mediziner Dr. Helmut Faulenbach, der seine Ordination in St. Pölten vorläufig schließen musste, weil er seit Samstag im Stadtteil Pottenbrunn von den Fluten im ersten Stock seines Hauses eingeschlossen war. Montagnachmittag trafen assistierende Feuerwehrleute aus Salzburg und Kärnten ein und begannen mit Pumparbeiten.