Mountainbike-Gesetzesänderung: Alpenverein und Naturfreunde im Streit über Forststraßenöffnung
Im österreichischen Forstgesetz ist festgelegt, dass jeder das Recht hat, den Wald zu Erholungszwecken zu betreten und sich dort aufzuhalten. Die SPÖ und die Naturfreunde fordern nun eine Ergänzung, die besagt, dass auch Forststraßen mit dem Fahrrad befahren werden dürfen. Diese Forderung hat weitreichende Konsequenzen, denn sie würde bedeuten, dass alle Forststraßen in Österreich für Mountainbiker legal befahrbar wären. Diese Forderung wurde kürzlich im Rahmen einer Pressekonferenz erhoben und geht über das hinaus, was die Schwarz-Grüne Regierung in ihrer Mountainbikestrategie im Frühjahr festgelegt hat. Dort wurde lediglich der Ausbau von Mountainbikestrecken auf Vertragsbasis mit Grundeigentümern befürwortet.
Die Problematik der aktuellen Situation wird deutlich am Beispiel von Erwin Hinterdorfer, dem SPÖ-Bürgermeister von St. Margarethen bei Knittelfeld und Leiter der Initiative „Mountainbike Murtal“. Er berichtet von mehr als 20 mühsamen Verhandlungen, die notwendig waren, um Einzelvereinbarungen für sein Gemeindegebiet zu treffen. Hinterdorfer, selbst begeisterter Mountainbiker, betont, dass das Angebot für Sportler nicht von den einzelnen Bürgermeistern abhängig sein sollte. Während in Ländern wie Deutschland, Italien und der Schweiz eine generelle Öffnung von Forststraßen für Mountainbiker längst Realität sei, hinkt Österreich hinterher.
Andreas Schieder, Bundesvorsitzender der Naturfreunde und EU-Parlamentarier, betont die Bedeutung des Respekts vor persönlichem Eigentum. Er fordert, dass ein neues Gesetz Rücksicht auf Forstinteressen wie befristete Waldsperren für Holzarbeiten oder die Jagd nehmen und Haftungsfragen klären sollte. Auch für den Tourismus sei die Öffnung der Forststraßen ein Argument, das von der ÖVP unterstützt wird. Allerdings liegt der Fokus der ÖVP traditionell auch auf den Interessen der Land- und Forstwirtschaft. Schieder erinnert daran, dass in der Vergangenheit Lösungen an diesen Interessen gescheitert sind, die eigentlich in greifbarer Nähe waren.
Während sich die Naturfreunde mit ihren rund 160.000 Mitgliedern für die komplette Freigabe von Forstwegen einsetzen, vertritt der Alpenverein mit seinen über 700.000 Mitgliedern eine andere Position. In einem Positionspapier aus dem Jahr 2015 wurde noch die „generelle Öffnung“ der Forstwege gefordert, doch im aktuellen Papier von 2022 ist davon keine Rede mehr. René Sendlhofer-Schag, Mountainbike-Sprecher des Alpenvereins, erklärt, dass sich die Meinung des Vereins in dieser Frage um 180 Grad gedreht habe.
Das Ziel des Alpenvereins sei es, möglichst viele Strecken für Mountainbiker freizugeben, jedoch müsse dies kontrolliert erfolgen. Es sei wichtig, Zonen zu schaffen, in denen Ruhe herrscht. Die restriktiveren Mountainbike-Gesetze in Österreich im Vergleich zu anderen Ländern führt Sendlhofer-Schag auf ein historisches Kommunikationsproblem zurück. In der Vergangenheit wurden Mountainbiker in Österreich oft als Störfaktor betrachtet, was sich langsam zu ändern beginnt. Eine plötzliche generelle Öffnung der Forststraßen könnte jedoch das aufgebaute Vertrauen wieder zerstören.
Die Diskussion um die Mountainbike-Gesetzesänderung spaltet die Interessenverbände und politischen Parteien. Während die Naturfreunde für eine umfassende Öffnung der Forststraßen eintreten, mahnt der Alpenverein zur Vorsicht und Kontrolle. Die Auswirkungen einer solchen Gesetzesänderung auf die Umwelt, die Forstwirtschaft, den Tourismus und die Sicherheit müssen sorgfältig abgewogen werden, um eine nachhaltige Lösung zu finden. Es bleibt abzuwarten, wie sich die politischen Entscheidungsträger in Österreich zu diesem kontroversen Thema positionieren werden.